auf den spuren des rotgipflers
die rotgipfler-traube wächst am fuße des anningers im weinbaugebiet thermenregion. hier wird sie noch großflächig angebaut, denn das perfekte klima und der richtige boden lassen sie zu einer autochthonen sorte dieser region werden. wir begaben uns auf die spuren dieser für die thermenregion typischen weinsorte und trafen dabei auf den winzer johannes gebeshuber in gumpoldskirchen.
auf die frage, wie er denn schmeckt, der rotgipfler, antwortet johannes gebeshuber vom gleichnamigen weingut in gumpoldskirchen: „vollmundig“. der winzer erzählte mir sogleich, dass es den rotgipfler fast nur mehr im weinbaugebiet thermenregion zu finden gibt. der ursprung des rotgipflers, der eine kreuzung aus traminer und rotem veltliner ist, liegt sowieso in gumpoldskirchen. johannes gebeshuber ist einer jener winzer, die sich auf den ausbau dieser autochthonen rebsorte spezialisiert haben. durch seine besondere weinherstellungsmethode spiegeln seine weine das terroir von gumpoldskirchen wider und heben die einzigartigkeit der traube hervor. daraus entsteht ein echter gumpoldskirchner. übrigens war der rotgipfler als ein gemischter satz, meist mit der ebenfalls für diese region typischen rebsorte zierfandler, schon in der donaumonarchie als „gumpoldskirchner“ berühmt.
das 1998 von johannes gebeshuber gegründete weingut befindet sich in gumpoldskirchen. er gründete das weingut als neugieriger autodidakt und startete anfänglich mit 25 rebsorten, bis er sich 2010 dazu entschloss, nur mehr vier rebsorten in einem reinsortigen einzellagen-konzept von zierfandler, rotgipfler, st. laurent und pinot noir anzubauen. die ältesten reben sind stattliche 80 jahre alt und selbst die jüngsten bringen schon 17 jahre auf den buckel. das resultat sind unaufgeregte und smarte weine, die auch durch das hohe alter der reben und die damit verbundene tiefe verwurzelung das terroir in ihrem geschmack tragen.
dort wo die traube wächst, versucht johannes gebes-huber möglichst wenig einzugreifen, um somit einen unverfälschten wein zu produzieren. dabei legt er nicht nur seit 2006 besonderen wert auf biologischen, sondern seit 2017 auch auf biodynamischen anbau nach den demeter-richtlinien. das leitbild einer biodynamischen landwirtschaft, der „demeter“-gedanke, geht auf die philosophie von rudolf steiner zurück, der anfang der 1920er jahre das demeter-konzept nach lehren der anthroposophie entwarf. ein spirituell orientierter erkenntnisweg, der die neugestaltung und entwicklung im einklang mit der natur versteht. johannes gebeshuber ist davon überzeugt, dass sich positive, menschliche energie auf pflanzen übertragen kann. bei der bewirtschaftung unter dem demeter-zertifikat wird ausdrücklich auf chemisch-synthetische düngemittel verzichtet. nichts soll den wahren charakter des weins kaschieren, wes-halb auch so wenig technik, hilfsstoffe und zusätze wie möglich in jeder phase des prozesses eingesetzt werden. das bedeutet auch, dass ausschließlich handlese die höchstmögliche qualität der trauben für die weiterverarbeitung garantiert.
seine große leidenschaft gehört der kultivierung des rotgipflers auf ca. 6,5 hektar. erstmals wurde die autochthone sorte 1837 von johann burger erwähnt und erhielt ihren namen von ihrem rötlichen triebspitzen. der rotgipfler hat eine sanfte säure und ein feines bukett. die gesamte anbaufläche für rotgipfler beträgt 120 hektar und ist so gut wie zur gänze in gumpoldskirchen zu finden. deshalb, weil die warmen südlagen und der kalkhaltige boden die besten bedingungen für diese rebsorte bieten. auf grund des landschaftsbildes bezeichnet man die thermenregion auch gerne als die burgund österreichs.
er ist ein experimentierfreudiger winzer, der bereit ist, unkonventionelle wege zu gehen. und so erzählt er mir von seinem neuesten projekt: einem weingarten ohne jeglichen eingriff. dort lässt er den wein ganz seinem schicksal, dem jahrgang und dem wetter über. „ich mache keinen laubschnitt, keine biologische düngung, …einfach gar nichts“ sagt johannes gebeshuber und fügt hinzu, diesen wein auch möglicherweise wie in seiner „urform“ zu keltern, nämlich zu 100% maischevergoren. aber so sicher ist er sich da noch nicht, denn er entscheidet lieber nach bauchgefühl. auf dieses hat er sich bisher auch verlassen können und hat damit großartige weine produziert.
ich stelle mir jetzt schon vor, wie es sein wird und freue mich sehr darauf. nebenbei nehme ich noch einen schluck vom vollmundigen rotgipfler und genieße die tolle atmosphäre des weinguts. in diesem alten und geschichtsträchtigen gebäude spürt man den spirit von johannes gebeshuber in jeder ecke und es bietet den perfekten rahmen, seine besonderen weine zu genießen. das wusste schon der wiener bürgermeister, der dieses gebäude 1905 in gumpoldskirchen errichten ließ.